Triathlonbericht Thomas Mauerhoff vom Ironman Frankfurt am 08.07.2012!
Die Entscheidung und Anmeldung: Thoralf und Dario sind schuld!
Warum hat Thoralf mir am 17. Juni 2011 erzählt, dass die Ironmananmeldung Frankfurt in wenigen Stunden öffnet? „Natürlich“ wollte ich „eigentlich“ gar keine neue Langdistanz in 2012 machen… Außerdem hatte ich ja die Challenge in Roth (Langdistanz) in wenigen Tagen noch vor mir.
Trotzdem habe ich mal Zuhause angerufen. Ganz frech habe ich meine Yvi gefragt, ob sie in 2012 einen Ironman in Frankfurt machen möchte. Sie hätte nun 2 h Zeit dieses zu entscheiden. Nur dann käme natürlich auch für mich in Frage, schon wieder einen Ironman zu machen. Das wäre dann die 4. Langdistanz in 5 Jahren. Yvi sagte erstaunlicherweise nicht sofort nein. Sie zögerte, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal eine Halbdistanz absolviert hatte! Das war schon mal ein unerwartet gutes Zeichen. Was sich nun zuhause abspielte konnte ich nur ahnen. Später erfuhr ich, dass Dario seine Mutter erst für verrückt erklärt hatte. Wenige Minuten vor der Entscheidung kam er aber in die Küche und sagte: „Mama, ich habe mir das jetzt überlegt, Du schaffst das!“. Die Entscheidung war gefallen, die Anmeldung nur noch eine Formsache. Unsere Freunde, Bekannte und Verwandte erklärten uns wieder mal für verrückt! Ediths Kommentar: „Euch kann man nicht alleine lassen!“.
Die Vorbereitung
Die Planungen und Vorbereitungen begannen gleich nach der Challenge in Roth. Yvonne überzeugte als hier als Staffelschwimmerin und ich bei der Langdistanz.
Yvi bekam von mir angepasste Trainingspläne von triathlon-szende. Vorausgesetzt wurden im Schnitt 13 Wochenstunden Training. Ich hätte nie gedacht, dass sie diese Pläne einhält. Im Nachhinein kann man sagen, dass sie diese Umfänge noch übertroffen hat. Ich selbst ordnete mir 18 Wochenstunden nach dem gleichen Prinzip an. Nach dem Trainingslager in Fuerteventura ließ ich mir Trainingspläne von Marco Schreck erstellen.
Für mich war klar, es wird ein ganz besonderes Rennen. Gemeinsam am Start mit meiner Lebensgefährtin! Viele gemeinsame Trainingskilometer im Wasser, auf dem Rad und beim Laufen wurden absolviert. Höhepunkte waren mit Sicherheit das Trainingslager in Fuerteventura mit Natare und Triforyou, das Trainingslager in Bad Dürkheim mit Norbert, Edith, Thoralf und anderen, unser Trainingswochenende in der Fränkischen Schweiz, die zahlreichen Ausfahrten und Trainingseinheiten mit den „Dreisten 3“ Jürgen (Bessenbach), Heiko (Leidersbach) und Stephan (Mönchberg), die sich auf ihre Langdistanz in Roth vorbereitetet haben, sowie natürlich immer wieder mit unseren Freunden Norbert und Edith. Vielen Dank an alle für die Unterstützung in der Vorbereitung. Diese hat uns beiden riesigen Spaß gemacht!
Die Vorbereitungswettkämpfe in Darmstadt (ohne Yvi) und Moret (mit Yvi) und die Laktattests ließen für den Ironman hoffen…
Weitere Highlights vor dem Rennen waren natürlich die Begegnungen mit Andreas Realert und Chris „Makka“ McCormack vor der Nudelparty in der Frankfurter Eissporthalle. Menschen wie Du und ich! So ist Triathlon eben!
Es würde etwas ganz besonderes werden. Das war klar. Welche Paare haben schon die Gelegenheit bei einem Ironman gemeinsam zu starten! Ich war stolz auf Yvonne. Schon lange vor dem Rennen. Sie hatte die Vorbereitung komplett durchgezogen - mit „eisernen“ Willen um eine Eiserne Frau zu werden! Ich war mir sicher, dass sie sehr gut durchkommen wird! Sie präsentierte sich in Topform und überraschte immer wieder mit hervorragenden Trainingsleistungen!
Ich selbst hatte zum 4. Mal in den 4 Versuchen eine perfekte Vorbereitung gehabt. Kein Tag krank, keine Verletzung. Jede geplante Trainingseinheit wurde komplett durchgezogen. Nach Marcos Plänen und Heikos Trainingsbeteiligungen waren diesmal erheblich mehr Tempo- und Intervalleinheiten dabei! Auch ich hatte mir viel vorgenommen und war optimistisch!
Nach den 10:30 h im letzten Jahr in Roth, wollte ich diese Zeit auch in Frankfurt unterbieten. Hier hatte ich in 2008 in 11:10 h und in 2010 in 11:06 h gefinisht. Für Yvi ging es erst mal nur um das Ankommen als Iron(wo)man. Wir hatten eine 12:24 h für sie im Plan, obwohl ich ihr eine Zeit unter 12 h durchaus zutraute!
Wir freuen uns auf den Start beim Ironman. Das sind die besten Voraussetzungen für einen guten Wettkampf!
Ironman 2012
Es geht los wie immer. Fast schon Routine. Um 2:30 Uhr klingelt endlich der Wecker. Nach dem Gang ins Bad werden die Nudeln vom Vorabend warmgemacht. Dank Hansi gehören seit Fuerteventura auch Nutellabrötchen zur Nahrungsaufnahme. Wir fahren wie immer sehr früh nach Langen. Ich will immer einer der Ersten sein. Das gibt mir Sicherheit! 2 Corinnas begleiten uns. Es läuft alles nach Plan. Ich treffe Bernhard in der Wechselzone. Er bereitet sich auf seinen ersten Ironman vor. Ich pumpe mein und Yvis Fahrrad auf. Bisher war Yvi erstaunlich cool und locker. Doch jetzt nehme ich Ihre Hand und erschrecke! Ich glaube, ich habe noch nie eine so kalte Hand berührt. Jetzt hat auch sie die Nervosität erwischt! Wir gehen Hand in Hand zum See, hören die Kirchenandacht und die Nationalhymne! Gigantisch schön! Wir schauen neidisch auf den Start der Profis und Altersklassenathleten. Das sind nur 300 Starter. Wir werden fast 8-mal so viele sein! Aber es hilft nichts. Die „Frühstarter“ sind jetzt unterwegs und wir dürfen ins Wasser. Das Wasser ist angenehm und fast schon zu warm. Aber mein einziger Wunsch geht in Erfüllung: Wir dürfen mit Neopren schwimmen! Das hilft mir als „Nichtschwimmer“ deutlich mehr als anderen!
Das Schwimmen
Yvi und ich schwimmen ganz mutig in die Nähe der Startlinie. Yvi ist immer noch ganz dicht bei mir. Ursprünglich wollte sie ganz außen schwimmen, um den Gerangeln und Schlägereien zu entgehen. Wir können den Start kaum erwarten. Ein kurzer „Viel-Glück-Kuss“ und dann geht es endlich los!
Die ersten Meter verlaufen erstaunlich gut. Dann fängt es an eng zu werden. Ich wehre mich, so gut ich kann und hoffe, dass es nach der ersten Richtungsänderung besser wird. Wird es aber nicht. An der nächsten Wende packt ein „Kollege“ mein Handgelenk, zieht mich nach hinten und sich selbst um die Boje herum. „Ruhig bleiben“ befehle ich mir.
Leider ist es nicht möglich gezielt im Wasserschatten etwas Kraft zu sparen. Aber immerhin, ich glaube die korrekte Linie zu halten. Vor dem Landgang sehe ich vor lauter Neopren kaum noch das Land. Ich war mittendrin. Ein Blick auf die Uhr bestätigt aber meine Hoffnung. Ich bin sehr schnell unterwegs. Knappe 35 Minuten für die ersten 2,1 km. Ab jetzt müsste man besser schwimmen können!
Konnte man aber nicht! Immer wieder Gedränge, Querschwimmer und Treter vor, hinter und neben mir. Es hörte bis zum Schluss nicht mehr auf! Ab und zu unterstellt man den Mitstreitern Absicht, was natürlich nicht stimmt. Es sind einfach zu viele Leute im Wasser!
Ich entscheide mich Tempo rauszunehmen und „Körner“ zu sparen. Manchmal erhasche ich einen Blick auf die Pulsuhr. Danach versuche ich noch ruhiger zu Schwimmen. Nach der langen Gegengeraden erreiche ich das Land. Der Blick auf die Uhr erfreute mich sehr! 1:07 h habe ich für die 3,8 km benötigt. Mehr als 6 Minuten schneller als in 2011 in Roth! Und das bei dem Gedränge. Meine vielen Schwimmkilometer haben sich endlich einmal gelohnt!
Dann hörte ich Norbert am Rand: „Yvonne ist schon eine Minute durch“.
Da war ich erst mal baff! Sie sollte doch ruhig Schwimmen! Aber wie auch immer. Sie war sehr schnell und vor allem heil aus dem Wasser gekommen. Das war schon mal wichtig für mich!
Wechsel 1:
Ich laufe den sandigen Berg hoch zur Wechselzone. Der Sprecher sagt, dass es nun anfängt zu regnen. Und er hat recht! Einen kleinen Schluck Wasser trinke ich, dann nehme ich den Beutel auf. Bisher habe ich mich immer am Rad umgezogen aber in Roth hatte das mit dem Neo ausziehen im Zelt gut geklappt. Stefan begrüßt mich und bestätigt mir noch mal, dass Yvi schon durch sei! Neo ausziehen, Füße abtrocknen und vom Sand befreien, Socken und Radschuhe anziehen. Dann geht es schnell zum Fahrrad. Der Neo und der Rest werden in die Wanne geschmissen. Leider auch meine Radhandschuhe… Diese werde ich wenige Meter später vermissen. Ich höre in der Wechselzone noch einige bekannte Stimmen. Es fällt mir aber schwer, diese zuzuordnen.
Jetzt muss es auch ohne Handschuhe gehen. Nachdem ich auf dem Rad sitze atme ich tief durch. Ich war ein paar Minuten schneller als geplant! Leider wird der Regen immer stärker…
Das Radfahren
Nun kann das Rennen beginnen. Ich freue mich richtig auf die nächsten 181 km auch wenn das Wetter immer schlechter wird. Anfangs versucht man um die Pfützen herum zu fahren. Irgendwann ist die ganze Straße eine einzige Pfütze. Es regnet nicht, es schüttet. Trotzdem ist die Geschwindigkeit sehr hoch. Es motiviert einfach im Wettkampf Fahrrad zu fahren. Einen Vorteil hat der Regen. Windschattenfahren ist fast ausgeschlossen. Von allen Seiten kommt nun der Regen. Ich ärgere mich hauptsächlich für die „Rookies“, die Neulinge heute auf der Strecke wie Yvi, Dave, Claus oder Bernhard. Sie sollten das Radfahren genießen. Hier ist heute nichts zu genießen. Kaum jemand ist an der Radstrecke. In den Stimmungsnestern sind nur leere Pavillons zu sehen.
Nur an der Musik kann man erahnen, dass hier die Post abgehen könnte. Am Hühnerberg entdecke ich Volker aus Fuerte von der TSG, der mich anfeuerte. Kurze Zeit später fahre ich auf Dave auf. Wir halten ein kurzes Schwätzchen, wünschen und genseitig viel Glück und weiter geht es.
Es wird allmählich kalt. Auf dem Rückweg ab Friedberg kommt noch heftiger Gegenwind hinzu. Der Regen tut auf der Haut weh! Ich fange an zu frieren. Aber mir ist bewusst, wenn ich friere, frieren andere noch mehr. Das könnte heute mein Tag werden!
Allmählich merke ich meine Oberschenkel. Ich fahre wieder einmal zu hohe Gänge. Also schalte ich zurück und nehme etwas Tempo raus.
Nach der ersten Runde sehe ich etwas Dunkles durch meine dunkle Sonnenbrille am Himmel. Ich gehe erst von einem neuen Wolkenband aus. Dann aber blinzele ich über die Brille hinweg und sehe einen strahlend blauen Himmel. Nach kurzer Zeit wärmt die Sonne meinen Körper. Was für ein Gefühl! Die Straßen trocknen recht bald ab, so dass nun eine angenehmere Fahrt bevor steht. Inzwischen habe ich Yvis Cousin Eugen entdeckt. Er macht sich tanzend und mit dem Regenschirm wedelnd mitten in Frankfurt bemerkbar. Ich freue mich sehr darüber!
Aber die erste Runde hatte Kraft gekostet. Immer wieder schaue ich auf meine Pulsuhr. Der Puls ist sehr gut, nur die Beine zucken nun immer öfters. Ich muss vorsichtig sein, schließlich hatte ich mir einen guten Marathonlauf vorgenommen.
An den Anstiegen nehme ich das Tempo raus. Aber ich komme immer noch recht gut voran. Ab Friedberg wird der Wind dann noch schlimmer. Die letzten 40 km würden sehr hart werden. Immerhin es bleibt nun fast trocken. Wir kämpfen uns durch den Wind. Die Überholvorgänge nehmen ab. Jeder ist froh, wenn er sein Tempo halten kann. Beim km 160 Schild schaue ich auf meinen Tacho. Dort steht 157 km! Sollten es 3 km weniger sein, als ich bisher annahm? Ich rechne sofort meine mögliche Endzeit aus. So ganz ausgeschlossen ist sogar eine Zeit von unter 10 h nun nicht mehr. Leider stellt sich später heraus, dass das Schild falsch stand und mein Tacho korrekt war…
In Bad Vilbel steht vor einer Abzweigung ein Mann auf der Straße und zeigt an, dass man langsam fahren sollte. Als ich um die Kurve komme, wusste ich warum. Ein Fahrrad liegt mitten auf der Straße. Der dazugehörige Fahrer liegt auf dem Rücken daneben! Helfer kümmern sich um ihn und ich fahre nachdenklich an ihm vorbei. Kurze Zeit später entdeckt ich Markus und Melanie. Markus fotografiert und ich freue mich, dass sie an der Strecke sind!
Am Heartbreak-Hill in Bad Vilbel stehen nun endlich ein paar Zuschauer. Diese schreien uns den Berg hinauf. Danach beginnt die Abfahrt nach Frankfurt immer noch gegen den Wind. Mein Tacho zeige die km 178, 179, 180, 181 an. Ich ziehe meine Radschuhe auf dem Fahrrad aus und steige an der Haltelinie vom Fahrrad ab. Im Augenwinkel erkenne ich Fabio, der mich anfeuert. Das wird seine Mutter sehr freuen, dass er und Dario da sind!
Ich hatte 5:20 h für das Radfahren benötigt und war damit ein kleines bisschen schneller als in Roth. Aber von meiner eigenen Vorgabe habe ich 2 Minuten auf dem Rad eingebüßt.
Der 2. Wechsel
Das Rad wird mir gleich abgenommen. Jetzt die Startnummer für das Laufen nach vorne drehen, damit die Helfer die Nummer erkennen können. Diese sollten dann den Wechselbeutel anreichen. Leider findet mein Helfer meinen Beutel nicht. Das habe ich dann aber selbst gemacht. Im Zelt wechsele ich erneut die Socken. Die Radsocken waren nass wie ein durchtränkter Waschlappen! Ich schnappe mir noch ein paar Gels, und ab nach draußen. Meine extra vorbereitete Verpflegungsflasche verbleibt unbenutzt in meinem Laufbeutel. So ist das eben. Es läuft nicht immer alles nach Plan!
Ich musste schon seit ca. 60 Radkilometer auf die Toilette, wollte mir ein Zwischenstopp aber ersparen. Jetzt aber schnell, direkt hinter der Wechselzone stehen 3 Dixi-Klos. Ich ziehe nach und nach an jeder Türe. Alle sind verschlossen! Mist!
Das Laufen
Man kann es kaum glauben, aber auch noch 3,8 km Schwimmen und 181 km Radfahren freue ich mich auf das Laufen und besonders auf die Zuschauer an der Strecke! Ich fühle mich immer noch fit und bin froh über das bisher erreichte. Und ich habe durch die vielen guten Trainingseinheiten genügend Selbstvertrauen! Die ersten Meter verlaufen etwas wackelig. Eigentlich wollte ich nicht so schnell auf die Uhr sehen, tue es aber doch und der km-Schnitt von 4:45 Min/km erfreut mich, weil sich das Tempo gar nicht so schnell anfühlt.
Bei km 2 erreiche ich endlich ein freies Dixi-Klo! Das tut gut! Jetzt sollte es erst mal ruhig und entspannt weiter gehen. Der Wind weht immer noch kräftig aus westlicher Richtung. Am Schlimmsten ist es auf der Friedensbrücke. Hier fliegt mir bei der ersten Überquerung gleich meine Kappe weg. Ich habe keine Chance mehr, sie wieder zu holen. Oh, nein! Nicht schon wieder wie in 2010 als ich ohne Mütze aus der Wechselzone lief und die Hitze mich fertig machte! Damals hatte Yvi mir Ihre Mütze in der 3. Runde gegeben. Das ging diesmal nicht, denn sie war ja selbst auch noch irgendwo hinter mir unterwegs. Aber das Jammern hilft nichts! Es ist nicht ganz so heiß und der Wind kühlt auch ein bisschen!
Die ersten zwei Runden kann ich richtig genießen! So viele Verwandte, Freunde und Bekannte sind da. Meine Edelhelfer Norbert, Michael G. und Kashif sind dort, wo ich sie erwartet hatte. Meine große Tochter Sina, meine Mutter, meine Schwester Geli mit ihrem Jens und sogar mein Onkel Lothar und Mitschi aus München sind gekommen! Es fehlte nur noch meine Tochter Lea, die zur gleichen Zeit das Rennen per Internet auf Mallorca verfolgt. Ich bin stolz und voller Emotionen! Ich klatsche Sina gleich im vorbeilaufen ab. Sie hat immer Angst um Ihren alten Papa, ist aber doch wohl auch ein bisschen stolz!
Harald, mein Arbeitskollege und rasender Reporter fängt mich mit der Kamera ein und läuft filmend neben mir her bis er nicht mehr kann. In der 2. Runde höre ich Yvi rufen! Sie läuft oben am Theodor-Stern-Kai entlang, während ich in die andere Richtung unten am Main laufe. Sie war offensichtlich in ihrer ersten Runde. Wir grüßten uns aus einiger Entfernung. Es sollte die letzte Begegnung bis zum Zieleinlauf bleiben. Offensichtlich ist sie auch sehr gut Rad gefahren! Ich kann nun noch beruhigter weiterlaufen! Harald filmt mich erneut. Ich rufe ihm zu, dass gleich Yvi vorbei kommt.
Immer wieder die ganzen Zuschauer. Roland und Ruth haben mich entdeckt und feuern mich mit „maui-maui“ Rufen an. Ich weiß, wenn „Thomas“-Anfeuerungen kommen, sind es „Fremde“, die meinen Namen auf meiner Startnummer gelesen haben. Aber es sind auch unglaublich viele „maui“-Rufe zu hören! Das tut sooo gut!
Beim Halbmarathon fange ich an zu rechnen. Ich bin die erste Marathonhälfte in einer Zeit von 1:42 h gelaufen – Wahnsinn! Sollte ich das Tempo halten können, komme ich genau bei einer Endzeit von 9:59 h raus. Ich habe nichts zu verlieren und versuche konstant weiterzulaufen. Jetzt nehme ich zum ersten mal einen großen Schluck aus der vorbereiteten Kohlhydratflasche, die mir Kashif anreicht. Außerdem nehme ich ein Coffein-Röhrchen zu mir. Die Auswirkungen sind zunächst heftiges Grummeln im Magen. Auf der Gegengeraden wieder die ganzen Großwallstädter und meine Familie. Arbeitskollegen Rainer und Philipp, sowie Tobi, Lena und noch etliche andere von der TSG sind auch an der Strecke! Danke für die Unterstützung. Bevor es zum 6 Mal über den Main geht laufe ich zu unseren Fuerte- und Trainingskollegen Hansi auf. Er ist bereits in seiner letzten Runde und wird eine sehr gute Zeit laufen und sich erneut für Hawaii qualifizieren! Aber er sieht nicht mehr frisch aus.
Das bin ich ab km 27 auch nicht mehr! Jetzt merke ich, dass es nichts wird mit dem Traum von unter 10 h zu bleiben. Das war auch nicht vorgesehen, aber ich musste es heute einfach probieren. Die Beine werden müde. Ich muss Tempo raus nehmen. Aber einen mentalen Durchhänger lassen die Zuschauer nicht zu. Ich werde zwar etwas langsamer, bin aber immer noch flott unterwegs. Die Steigungen und Kopfsteinpflasterpassagen fallen jetzt besonders schwer. Der neue Laufstreckenabschnitt wird mit jeder Runde schwieriger! Ich nehme mein 3. Bändchen entgegen und entschließe mich den restlichen Marathon „entspannt“ zu Ende zu Laufen. Seit km 15 ernähre ich mich von Cola an jeder Getränkestation. Nun lasse ich mir bei der Getränkeaufnahme etwas mehr Zeit.
Die letzten 10,5 km in Frankfurt zu Laufen ist trotzdem eine Belohnung! Die Verabschiedung von den Zuschauern beginnt und das Kribbeln im Bauch nimmt zu. Der rote Teppich auf dem Römer ist nicht mehr weit. Trotz verminderter Geschwindigkeit überhole ich immer noch sehr viele Läufer. Die üblichen „Das sieht noch gut aus“-Rufe dürften nun aber gelogen sein! Nach der Aufnahme des letzten Bändchens waren es kaum noch 2 km bis zum Ziel. Ich schaue auf meine Uhr und definiere ein neues Ziel für mich: Ich will unter 10:10 h bleiben. Das bedeutet, ich brauche wieder einen Schnitt von 5 Min/km. Ich erhöhe mein Tempo leicht und bekomme einen Krampf in der rechten Kniekehle! Was tun? Der Versuch den Krampf heraus zu laufen misslingt. Aber ich habe keine Zeit mehr stehen zu bleiben. Also laufe ich 1,5 km mit Krampf. Ich frage mich, wie man überhaupt einen Krampf in der Kniekehle bekommen kann!? Egal jetzt! Auf geht es! Was sind 10 Minuten Krampf gegen 10 Stunden Genuss-Ironman? Von der tollen Vorbereitung ganz abgesehen. Ich wackele weiter und das Tempo stimmt. Die Gänsehaut hat mich trotz erstmals rasierter Beine feste im Griff. Gleich kommt die Abzweigung des Glücks zum Römer! Hunderte von Händen strecken sich mir entgegen. Tränen laufen mir die Backe hinunter! Ich laufe ganz alleine in den Zielkanal ein und erkenne: 10:08:XX. Also kann ich vielleicht auch noch unter 10:09 h bleiben! Ich erhöhe erneut mein Tempo und versuche trotzdem die Eindrücke zu speichern. Ich recke die Arme in die Höhe, laufe nach 10:08:50 h über die Ziellinie und bin stolz auf mich und meine Zuschauer!
Nach dem Rennen
Im Zielbereich treffe ich Thoralf. Auch wir haben zusammen zusammen trainiert. Er hat trotz einer langwierigen Knieverletzung einen super Triathlon gefinisht (10:18 h). Wir gratulieren uns gegenseitig und ich nehme einen großen Schluck aus seinem Weizenbier (mit Alkohol). Rita und Brandy kommen sofort vorbei. Auch sie sind extra vom 120 km entfernten Eibelshausen nach Frankfurt gekommen. Bei den anderen erkundige ich mich gleich nach Yvonne. Sie sieht immer noch gut aus und läuft konstant! Das sind gute Nachrichten. Jetzt schnell Hubsy gratulieren, der auf einer Bank sitzt. Dann unter die Dusche und ab zur Massage. Da ich keinen Hunger verspüre, gehe ich direkt zum Ausgang und telefoniere mit Michael G..“Yvi ist 5 km vor dem Ziel. Sie läuft immer noch gut. In einer halben Stunde ist sie im Ziel“. Ich gehe also auf die Zieltribüne, warte auf Yvonne und auf unsere Zuschauer, die inzwischen wieder an der Strecke zum anfeuern sind. Jetzt passiert etwas für mich unglaubliches. Ich sitze alleine auf der Tribüne und die Tränen laufen mir die Backe hinunter. Ich kann nichts dagegen machen. Es passiert einfach so! Mehrere Minuten geht das so. Endlich kommen meine Mutter und Sina zu mir. Sie fragen mich, was los sei. Ich wische mir die Tränen von der Backe, nehme sie in den Arm und war froh, Gesellschaft zu haben! Wenige Zeit später kommen die anderen Zuschauer auf die Tribüne. Ich nehme zahlreiche Glückwünsche entgegen und wir warten auf Yvonne. Sie ist seit 11:55 h unterwegs und ich hoffe, dass sie es tatsächlich vor 12 h noch schafft. Da entdecke ich sie! Sie sieht noch richtig frisch aus! Auch sie reißt die Arme in die Höhe und finisht souverän in 11:56:51! Eine sagenhafte Leistung! Ich bin schon wieder mächtig stolz.
Der Rest ist schnell erzählt. Ich gehe wieder zurück in den Athletenbereich! Yvi ist inzwischen im Duschbereich. Als ich sie rufe, kommt sie wieder raus. Wir drücken uns ganz fest und beglückwünschen uns. Es wird noch Tage, vielleicht Wochen dauern, bis wir das verarbeitet haben.
Als wir aus dem Athletenbereich heraus kommen, schallt es uns entgegen:
„So sehen Sieger aus“. Ganz viele persönliche Fans von uns sind da! Yvi kämpft mit den Tränen. Ich bin einfach nur glücklich!
Wir holen unsere Beutel und Fahrräder ab und machen den Abschluss im TVG-Heim. Hier kommen wieder neue Gratulanten dazu!
Auch wenn ich diesmal nur die Nummer 2 bei den Zuschauern war, war es doch etwas ganz besonders für mich! Einen Triathlon zu zweit zu finishen ist einfach toll.
Vielen Dank für die unglaubliche Unterstützung an alle Verwandte, Bekannte, Freunde und alle die ich in diesem viel zu langen Bericht vergessen habe!
maui