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Athletenbericht von Thoralf Friedrich zum Ironman in Texas am 17.05.2014

Samstag – 17.05.2014 – done

:yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah::yeah:

Es ist vollbracht!!!

Was für ein Tag – ich kanns immer noch nicht so recht glauben. Altersklassensieger mit persönlicher Bestzeit unter 10 Stunden. Ich bin (fast) sprachlos.

Jetzt aber der Reihe nach:

Die Nacht war erträglich – nicht mehr – nicht weniger.
Auf jeden Fall bin ich vor dem Wecker wach, der um 4 Uhr die Nacht beenden soll. Zum Frühstück gibt es Kaffee (unser Hotelzimmer hat eine Kaffeemaschine nebst Kaffee) und zwei Fladenbrote mit Erdbeermarmelade. Da wir nicht so recht wissen, was wir hier noch sollen, machen wir uns um kurz vor fünf auf den Weg zur Wechselzone. Die ist zwar eigentlich erst ab 5:30 Uhr geöffnet und unsere Fahrtzeit dürfte etwa fünf Minuten betragen, aber so bekommen wir wenigstens noch einen gescheiten Parkplatz. Wir wurden nämlich extra darauf hingewiesen, dass die Betreiber der gegenüberliegenden Shoppingmall nicht so begeistert sind, wenn die Fahrzeuge von 2500 Teilnehmern, ihre Parkplätze den ganzen Tag belegen.
Irgendwie verständlich.

Am Rad gab es auch nicht so wahnsinnig viel zu erledigen. Pumpe ausgeliehen, fünf Minuten damit verbracht herauszufinden, wie man damit ein Rennradventil bedient und dann versucht, acht Bar in die Reifen reinzuhauen. Ich war mir am Ende nicht sicher, ob die Pumpen vom Veranstalter einfach keine acht Bar schaffen, oder ob das Manometer Mondwerte anzeigt. Ich musste mich schon mit meinem ganzen Gewicht auf das Ding werfen, um wenigstens 7,5 Bar reinzudrücken – und mein Gewicht hat deutlich zugelegt, nachdem ich gestern Abend noch eine Hawaii-Pizza (ich wollte nichts unversucht lassen) in der Größe eines Wagenrades verdrückt hatte.
Etwas unsicher verließ ich dann den Ort des Geschehens und machte mich mit Nora auf den Weg zum Schwimmstart, der 8/10 Meilen (O-Ton Veranstalter) von der Wechselzone entfernt ist. Dort wurde zuerst um 6:45 Uhr das Profifeld gestartet – wovon wir aber nichts mitbekamen – und dann durften die AK-Athleten ins Wasser. Der Veranstalter hat darum gebeten, dass die starken Schwimmer doch bitte zuerst ins Wasser sollten. Ich rief mir nochmal die Selbsteinschätzung der Athletin ins Gedächtnis, die mich Tage zuvor angesprochen hatte und entschied, dass ich ein sehr starker Schwimmer bin und am besten gleich ganz vorne starte.

Hier hatte ich allerdings die Rechnung ohne meine amerikanischen Mitstarter gemacht, die ja sonst bei jeder versehentlichen Berührung ein “Sorry” raushauen. Gestählt durch diverse Körpersportarten, wie American Football, Wrestling, Eishockey und dem Einsatz bei der Army, ging es in der ersten Reihe ziemlich ruppig zu.
Ich entschied, in die zweite Reihe auszuweichen, wo sich augenblicklich das ganze Spiel wiederholte. Als ich meinte, meinen Platz gefunden zu haben, ertönte das Startsignal und meine Mitstreiter kannten erneut kein Pardon. Was ich hier an Haue einstecken musste, reicht für mindestens drei oder vier Ironman. Also auch so, dass es richtig weh tat – nicht nur einfaches untertunken. Wollte ich mich aus dem Getümmel raushalten und langsamer schwimmen, kamen gleich von hinten einige kampferprobte Exemplare nach. Erst nach etwa vier- fünfhundert Metern wurde es etwas ruhiger – was aber vermutlich auch daran lag, dass ich einen leichten linksdrall hatte und mir in dieses ruhige Gewässer nicht so viele andere Athleten folgen mochten.
Als ich den südlichen Wendepunkt erreicht hatte, mache ich einen Kontrollblick zur Uhr: 10 Minuten, 27 Sekunden. Auf 1.500m wäre das rekordverdächtig. Erneuter Blick zeigt die gleiche Zeit. Also hat mir bei dem ganzen Gekloppe jemand auf den Start/Stop Knopf gedrückt und die Zeit angehalten. Super.
Auf dem Weg zurück kontrolliere ich meine Zeit nochmal, als wir etwa in Höhe des Starts nach rechts in den Kanal zum Ziel einbiegen. Durch einfache mathematische Berechnungen komme ich auf eine Zeitdifferenz von ca. 15 Minuten. Ab hier sollen es noch 1000m bis ins Ziel sein. Läuft also mal wieder auf eine Zeit von 1:10 hinaus – und das trotz Neo. :rolleyes:
An Land sehe ich zur Linken lauter Schwimmer am Boden liegen und registriere beim zweiten Blick, dass man sich dort aus dem Neo helfen lassen kann.
Finde ich natürlich super und nehme den Service dankend an. So bin ich völlig ohne Wadenkrämpfe die schwarze Pelle los und kann meinen Wechselbeutel aufnehmen.
Da die Räder alle dicht an dicht nebeneinander stehen, darf man nix am Rad deponieren – selbst die Radschuhe dürfen nicht eingeklickt sein. Also alles im Zelt angezogen und dann das Rad geschnappt.
Die Vorgabe des Trainers lautete: die ersten zwanzig Minuten ruhig. Erstmal daran gewöhnen, nicht mehr im Wasser zu sein, Organismus umstellen, nichts essen oder trinken und locker fahren.
Das mit den zwanzig Minuten nix essen und trinken habe ich hinbekommen, das mit dem ruhig fahren nicht…
In der Wechselzone standen zwar noch total viele Räder, auf der Radstrecke war aber auch schon die Hölle los. Nun hätte ich mich hinter den ganzen Krampen einsortieren können, oder auf die Überholspur ausweichen und zumindest mal den ein oder anderen einsammeln. Und wenn man schon mal auf der Überholspur ist…. :smokin:

Nach zwanzig Minuten habe ich dann auch brav angefangen, die Gels zu futtern und dazu Wasser zu trinken. Als Neuerung hatte ich mir auch fünf Salztabletten in die Tasche gesteckt und mir davon jede Stunde eine genehmigt. Soll angeblich Krämpfen vorbeugen. Also nicht, dass ich damit – außer beim schwimmen – ein Problem hätte, aber sicher ist sicher (siehe Hawaii-Pizza).
Das Radfahren insgesamt war ganz OK. Fiel mir alllerdings schwer, auch hier die Vorgabe des Trainers zu erfüllen (240 Watt, bergauf ein bisschen mehr, bergab dafür aber bei 240 bleiben). Auf welligem Gelände kann ich nicht eine gleichmäßige Leistung fahren. Oder ich müsste auf dem Garmin den angezeigten Schnitt auf ein zehnsekündiges Mittel stellen. Mal ist es zu wenig, mal zu viel. Wenn es bergauf ging, lag ich eigentlich immer bei 300+
Dafür bin ich bergab fast nie auf 240 gekommen. Bergauf klingt jetzt vielleicht dramatischer als es ist. Es gibt eigentlich keine Steigungen, bei denen man mal aus den Sattel gehen müsste. Wenn, dann nur, um den Popo zu entlasten.
Dafür machte mir der Wind stellenweise ganz schön zu schaffen. Es hieß, dass er mit einer Geschwindigkeit von 18km/h aus Süden kommt, in Böen bis 36km/h.
Es hätte besser heißen sollen, dass er mit 36km/h kommt, in Böen mit 18km/h.
Einziger wirklicher Vorteil: die Temperatur war erträglich. Das gilt übrigens auch für die Straßenverhältnisse. Bis auf eine Winzlingsstraße durch die Wälder mit ein paar Rissen und einem Abschnitt mit ziemlich rauhem Asphalt, sind die Straßen hier in einem 1A Zustand. Sollte man bei einer Nation, die ohne Auto nicht von A nach B kommen würde, aber auch denken.
Nachdem ich auf dem Rad so ziemlich alles überholt habe, was mir vor’s Vorderrad kam, dabei aber kein einziges Mal selbst überholt wurde, sah das nach einer richtig guten Zeit aus.
Und so habe ich mein Rad nach 4:51 in der Wechselzone an einen Helfer übergeben. So schnell war ich noch nie :lookaroun:
Hier wieder rein ins Wechselzelt, umgezogen und draußen von Helfern mit Sunblocker einschmieren lassen (auch ein netter Service).
Etwas weiter stand Nora, die mit Tabletcomputer ausgerüstet, die Zwischenzeiten studiert hat und mir – völlig aus dem Häuschen – mitteilte, dass ich Führender in der AK bin und der AK-Sieger der letzten beiden Jahre abgeschlagen auf Platz sieben liegt.

Was für eine Nachricht :cheer:

Beim Laufen sind drei Runden á 14km zu laufen. Zuerst geht es Richtung Schwimmstart, dann irgendwo lang, wo nur ein paar ganz verzweifelte Zuschauer stehen, danach durch eine Wohngegend, die an den See gebaut wurde, in dem wir geschwommen sind und wo die Häuser so groß sind, dass die Familien mindestens zwanzig Personen nebst Hauspersonal umfassen müssen (hier ist aber auch nix los – sind vermutlich auf dem Golfplatz oder finden Sport bei dem man schwitzt doof) und dann gehts Richtung The Woodlands Downtown – in dem Fall erst auf der einen, dann der anderen Seite entlang des künstlich angelegten Kanals. Hier ist die Hölle los und es wird geschrien, dass man fast taub wird. Dazu alle zehn Meter Hände abklatschen (Erwachsene und Kinder) und ein paar Durchgeknallten, die kostenlos Tequilla Shots an die Athleten verteilen (keine Ahnung, ob einer einen genommen hat). Man kann also sagen, zwei Drittel meditativ, ein Drittel das volle Programm.
Am Ende meiner ersten Runde verrät mir Nora dann, dass mein Vorsprung fünf Minuten beträgt. Ich bin euphorisch.
Die Hitze stecke ich zudem ganz gut weg. An den Verpflegungsstellen mache ich jedes Mal eine Gehpause, um in Ruhe ausreichend zu trinken, Dazu kühle ich meinen Kopf immer mit zwei Bechern Eiswasser und mit Schwämmen. Eigentlich gehts mir prima. Trotzdem merke ich das Radfahren und sehe auch anhand der Zeiten, dass ich etwas langsamer werde. Das allerdings noch nicht in dem Maße, dass ich mir Sorgen mache.
Die kommen erst, als ich auf der letzten Runde an Nora vorbeikomme. Sie sagt mir wieder, dass ich noch führe, aber nicht mehr, mit welchem Vorsprung. Aha. :suspekt:
Auf Nachfrage erfahre ich, dass es jetzt nur noch drei Minuten sind. Ich frage, wie weit der Abstand zum Vierten ist, aber der sei mehr als ausreichend. Also gut. Ich muss was tun, denn eigentlich will ich jetzt auch gewinnen und nicht zweiter werden – obwohl das natürlich immer noch reicht.
Ich rechne mir die letzten Kilometer in 800er Blöcke runter. Musste ich ja oft genug im Training machen: 800 schnell, 200 locker – macht zusammen 1000 Meter. Also noch 14 x 800, 13 x 800 etc. Ich bleibe aber dabei, an den Verpflegungsstellen anzuhalten und ausreichend zu trinken, weil es wirklich richtig heiß ist und ich jede Verpflegung herbeisehne.
Nachdem mich bis zum Abzweig zum Ziel niemand mehr überholt hat, der eine 50, 51, 52, 53 oder 54 auf der Wade stehen hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich meinen Verfolger auf Abstand halten konnte. Ich drehe mich nochmal um und sehe, dass hinter mir weit und breit niemand zu sehen ist.

Dieser Moment ist einfach unbeschreiblich und geht doch viel zu schnell vorbei. Ich habe Tränen in den Augen vor Glück und Freude. Dass ich hier – in diesem anstrengenden Rennen eine solche Zeit machen würde und dann auch noch meine Altersklasse gewinne – damit hätte ich nie gerechnet. Gehofft ja – aber wirklich ernsthaft daran geglaubt? Nie.

Was dann folgt, kann einem vermutlich auch nur hier passieren. Wildfremde Leute machen Fotos von und mit mir, wünschen mir natürlich alles Gute für Hawaii und werden selbstverständlich gucken, wie ich dort abschneiden werde.

Thoralf im Ziel

Danach haben wir uns noch eine Weile an die Strecke gesetzt, denn die Räder konnte man erst ab 18 Uhr abholen. Welch Luxusproblem. Danach gabs eine warme Badewanne und im Anschluss einen Quarterpounder Cheeseburger mit Fritten und zwei Hefeweizen – mein erster Alkohl in diesem Jahr.

Sonntag, 18.05.2014 – Siegerehrung und Kona rolldown.

Tag 1 nach dem Wettkampf. Die Beine fühlen sich natürlich nicht gut an und ich muss gestehen – und das fällt mir schwer – dass sie sich deutlich besser anfühlen, wenn ich die Wadenwickel – sprich Kompressionsstrümpfe anziehe.

Um mich nicht komplett der Lächerlichkeit preiszugeben, ziehe ich trotz drückender Hitze eine lange Hose zur Preisverleihung an.

Doch vorher beschäftigt mich noch die Frage, ob man nun mit Kreditkarte zahlen kann oder nicht. Im Netz habe ich – bis auf einen Beitrag bei triathlon-szene nichts dazu gefunden. Und in dem Beitrag gabs keine Quellenangabe. Also bin ich sicherheitshalber nochmal zum Ort des Geschehens gefahren und habe einen Offiziellen gefragt. Die guckte mich an, als hätte ich sie gefragt, ob Kühe Milch geben und bestätigte, dass man selbstverständlich mit Kreditkarte zahlen könne und es noch nie eine andere Möglichkeit gegeben hätte.

Ich bin beruhigt.

Vor der Slotvergabe kommt noch das große Finisherbuffet, dass wie schon das Welcome-Dinner im Mariott Hotel ausgerichtet wird. Der Koch dort kann offenbar auch große Mengen schmackhaft zubereiten.
Mit uns am Tisch sitzt ein amerikanisches Pärchen bei dem sie gestartet ist, eine Einzelkämpferin, die das erste mal gestartet ist und 10:33 gebraucht hat! und – wie sich erst spät herausstellte – ein Deutscher, der bei der Bundeswehr in El Paso stationiert ist.

Nach allerlei Videos zum gestrigen Tag (das haben die echt drauf – ganz großes Kino) werden noch die Volunteers des Tages und des Jahres geehrt. Danach kommen die Profis an die Reihe und dann die Agegrouper. Jeweils die ersten fünf einer jeden Altersklasse (falls es überhaupt so viele gab) werden nacheinander auf die Bühne gerufen – der erste natürlich zuletzt.

Pokalheld

Danach gehts dann gleich mit der Slotvergabe weiter. Hier werden nacheinander die Altersklassenplatzierten aufgerufen, startend mit der höchsten AK bei den Männern. In meiner AK werden drei Plätze vergeben. Da der Drittplatzierte letztes Jahr schon den zweiten Platz gemacht hat und dieses Jahr verzichtet, rückt noch der Viertplatzierte nach.
Nun darf man seine Kreditkarte vorlegen, eine Anti-Doping Erklärung unterzeichnen. Das wars.

Das wars jetzt auch erst mal mit dem Training. Mein lieber Trainer hat mir zwar in seiner ganzen Fürsorglichkeit schon gleich einen Trainingsplan für die nächste Woche geschickt, aber da steht nur lockeres Planschen drin. Aufs Rad geht es – Urlaub sei Dank – erst am 1. Juni wieder (Frank, da hast du doch Zeit, oder?)

Für uns steht jetzt Urlaub auf dem Programm. Morgen gehts mit dem Flieger nach San Francisco. Am Dienstag weiter zum Yosemite Nationalpark und danach mal sehen. Las Vegas, Grand Canyon – das übliche Touriprogramm eben. Wenig Sport,  viele Quarterpounder Cheese mit French Fries und viel Bud Light  :alc:

Am 1.6. wird dann die Vorbereitung für Hawaii eingeläutet und natürlich werde ich ab sofort ein Auge auf Maui’s Vorbereitung haben.

Lieber Maui, lass dich nicht unter Druck setzen. Wenn so ein alter Mann wie ich eine 9:46 hinbekommt, dann schaffst du das locker. Ich glaub an dich und werde dich am Mainufer notfalls zur Quali prügeln.:nunu:

Bis dahin. Vielen vielen Dank für eure Anteilnahme und eure zahlreichen lieben Kommentare und Glückwünsche. Ich erspare euch meine Kommentare zu meinen Schwimmübungen in den nächsten zwei Wochen. Vielleicht schreibe ich nochmal den ein oder anderen Gedanken nieder, der dann vermutlich nichts mit Sport zu tun hat, denn Gedanken habe ich hier viele in einem Land, das ich auf seine Art schon irgendwie faszinierend finde.

Hang loose.